Fragiles-X-Syndrom (FXS-Genotypisierung)

Das Fragile-X Syndrom (englische Abkürzung „FXS“) ist die häufigste Ursache vererbter geistiger Behinderung und betrifft ungefähr einen von 7’000 neugeborenen Knaben und eines von 11’000 neugeborenen Mädchen (Source: Fragile X syndrome: From Genetics to Targeted Treatment, Rob Willemsen & R. Frank Kooy, 2017).

FXS weist einen variablen klinischen Phänotyp auf. Im männlichen Geschlecht wird die Krankheit mit verspätetem Erreichen der motorischen und/oder sprachlichen Meilensteine manifest. Die intellektuellen Defizite können unterschiedlich schwerwiegend sein und Probleme mit dem Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis, der Exekutivfunktion, der Sprache, der Mathematik und den visuell-räumlichen Fähigkeiten umfassen. Verhaltensanomalien können leicht (z. B. Angstzustände, Stimmungsschwankungen) bis schwer (z. B. aggressives Verhalten, Autismus) sein. Zu den autismusähnlichen Verhaltensweisen können Handwedeln, schlechter Augenkontakt, Handbeißen, Blickvermeidung, soziale Phobie, soziale und kommunikative Defizite und taktile Defizite gehören. Im weiblichen Geschlecht sind die intellektuellen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten in der Regel mild und bestehen in der Regel aus Schüchternheit, sozialen Ängsten und leichten Lernproblemen bei einem normalen IQ, obwohl 25 % der Mädchen einen IQ von weniger als 70 haben. Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) liegt bei über 89 % der Jungen und 30 % der Mädchen vor, und Verhaltensenthemmung ist sehr häufig. Wiederkehrende Mittelohrentzündungen (60 %) und Krampfanfälle (16 bis 20 %) können ebenfalls beobachtet werden.

Ursache des Fragilen-X-Syndroms ist die fehlende Transkription des FMR1-Gens (Xq27.3) durch fortschreitende Expansion und nachfolgende Methylierung der CGG-Trinukleotid-Repeats in der 5' nicht-translatierten Region des Gens. Diese Vollmutationen entstehen aus unstabilen Allelen, die Prämutationen genannt werden (55-200 CGC-Repeats). In einigen wenigen Fällen wurden im FMR1-Gen als Ursache des FXS Punktmutationen oder Deletionen statt der CGG-Repeat-Expansionen gefunden. Das FMR1-Gen kodiert für das FMRP-Protein, ein RNA-bindendes Protein, das die Proteinsynthese und andere Signalwege in neuronalen Dendriten reguliert. Man geht davon aus, dass das FMR1-Silencing die synaptische Plastizität und Modulation im gesamten Gehirn, einschließlich des Hippocampus, verringert.

Die Differentialdiagnose umfasst andere X-chromosomale intellektuelle Defizite, das Sotos-Syndrom, Mikrodeletionssyndrome (z. B. das 22q11.2-Deletionssyndrom), das fetale Alkoholsyndrom oder idiopathischen Autismus.

Das Fragile-X-Syndrom ist eine X-chromosomal-dominante Erkrankung mit verminderter Penetranz im weiblichen Geschlecht. Den Familien betroffener Individuen sollte eine genetische Beratung angeboten werden. 
Grafik zur Vererbung des FXS: Artikel Tages-Anzeiger vom 12.06.2010

Synonyme

FXS, FMR1-Gen, ORPHA:908, OMIM: 300624, ICD-11: LD55

Zusatzinformation

Zyto- oder molekulargenetische Untersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person ausreichend über die medizinische Konsequenz informiert wurde und der Untersuchung zugestimmt hat. Eine ausgefüllte Einverständnis-Erklärung für genetische Untersuchungen ist grundsätzlich erforderlich. Bitte lesen Sie dazu auch unseren Punkt zu zyto- und molekulargenetischen Untersuchungen (siehe Downloads).

Methode

PCR und Kapillarelektrophorese

Partnerlabor

Genetica

Informationen

Mindestmenge (Volumen)

3 - 10 mL

Material

EDTA-Vollblut

Stabilität
18 - 25 °C 7 d
2 - 8 °C 1 m
-20 °C 6 m
Taxpunkte (TP)

166.5 + 54.9 + 90 = 311.4

Position

6262.54 / 6001.03 / 6008.09

AB/LIS-Code

nmd_fxs