Die hereditäre Fruktose-Intoleranz (HFI) ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, die durch Mutationen im Aldolase-B-Gen (ALDOB-Gen) verursacht wird. Sie tritt mit einer Prävalenz von etwa 1:20'000 in Europa auf, wobei die Häufigkeit der verschiedenen Mutationen im ALDOB-Gen in den einzelnen Populationen variieren kann.
Die Aldolase B ist ein essenzielles Enzym des Fruktose-Stoffwechsels, das vorzugsweise in Leberzellen lokalisiert ist. Es katalysiert den Abbau von Fruktose-1-Phosphat (F-1-P) zu Dihydroxyacetonphosphat und Glycerinaldehyd. Bei einem Defekt des Enzyms reichert sich F-1-P an, das aufgrund seiner toxischen Wirkung zu Übelkeit, Erbrechen und gastrointestinalen Beschwerden mit Verdauungsstörungen sowie längerfristig zu Leberschäden führt. Indirekt werden die Glukoneogenese und der Glykogenabbau gehemmt, was eine schwere Hypoglykämie mit Zittern, Schweißausbrüchen, Blässe, Lethargie und Krampfanfällen zur Folge haben und zum Tode führen kann. Die hereditäre Fruktose-Intoleranz manifestiert sich bereits im Kindesalter. Betroffene haben eine natürliche Abneigung gegen Süßes, Obst und Gemüse, sodass die Erkrankung lange unentdeckt bleiben kann. HFI-Patienten müssen alle fruchtzuckerhaltigen Nahrungsmittel komplett aus ihrer Ernährung eliminieren. Klinisch ist die hereditäre Fruktose-Intoleranz von der sehr viel häufiger vorkommenden intestinalen Fruktose-Intoleranz (auch Fruktose-Malabsorption; Prävalenz ~ 30 %) zu unterscheiden, bei der der Fruktose-Transport in die Zellen des Dünndarms aufgrund eines Defekts im GLUT-5-Transporter gestört ist. Die Diagnose der Fruktose-Malabsorption erfolgt i. d. R. mittels H2-Atemtest, bei dem eine definierte Menge Fruktose aufgenommen und anschließend die H2-Konzentration in der ausgeatmeten Luft gemessen wird. Bei Vorliegen einer hereditären Fruktose-Intoleranz birgt die Gabe fruktosehaltiger Lebensmittel jedoch das Risiko einer schweren hypoglykämischen Reaktion. Daher sollte zunächst molekulargenetisch auf eine HFI getestet werden, bevor ein Fruktose-H2-Atemtest durchgeführt wird.
In Europa sind die vier am häufigsten vertretenen Varianten A149P, A174D, N334K und eine Deletion von 4 Nukleotiden im Exon 4. Die drei Aminosäureaustausche A149P, A174D und N334K führen zur Reduktion der Aktivität oder Stabilität des Enzyms Aldolase B, die Deletion zur Bildung eines vorzeitigen Stoppcodons und damit zur Synthese eines verkürzten und mutmaßlich nicht funktionellen Proteins. Für die Manifestation der HFI müssen beide Allele betroffen sein: Beim homozygoten Genotyp tritt dieselbe Mutation auf beiden Allelen auf (paternal und maternal vererbt). Wenn auf beiden Allelen unterschiedliche Mutationen vorliegen, spricht man hingegen von einem „compound-heterozygoten“ HFI-Genotyp.
Die vier Varianten haben in der europäischen Bevölkerung eine sehr niedrige Frequenz: A149P: 0,6 %, A174D: 0,1 %, N334K: 0,02 % Del: 0,01 %.
In Europa wird mindestens eine dieser vier Mutationen bei etwa 95 % der HFI-Patienten gefunden (Sensitivität: 95 %). Für das Auftreten von zwei der Mutationen liegt die Sensitivität bei etwa 75 %.
Bei Vorliegen eines homozygoten oder compound-heterozygoten HFI-Genotyps bezüglich der vier genannten Mutationen kann von einer HFI ausgegangen werden.